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Description
Einleitung
Im Projekt «AlpenLernen» des Schweizerischen Alpenclubs können Schulklassen ihr Schulzimmer für 5 Tage mit der alpinen Umgebung einer SAC-Hütte tauschen. Dabei sollen die Kinder mit bergsportlichen Aktivitäten physisch, psychisch und sozial herausgefordert werden. Damit das pädagogische Potential der intendierten Wagniserfahrungen ausgeschöpft werden kann, sind allerdings spezifische Inszenierungen notwendig: Nach Neumann (2020) sind Bewegungswagnisse individuelle kompetenzabhängige Herausforderungen, die «bewusst aufgesucht (…), souverän ausgehalten (…) und mit Bedacht aufgelöst (…) werden» (S. 6). Die erlebten Emotionen sind beim Gelingen oder Misslingen entsprechend zu reflektieren. Obwohl das Potential von Bergsportaktivitäten in Fachkreisen Anerkennung findet, wird diese Reflexionsarbeit vernachlässigt (Damisch, 2000).
Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit ist Absichten und Strategien eines Bergführers in der Umsetzung von Kletter- und Wanderaktivitäten zu dokumentieren und interpretieren, um Grundlagen für Lehrmaterialien zu Bewegungswagnissen zu entwickeln.
Methodik
Die vorliegende Einzelfallstudie orientiert sich am Forschungsansatz Design Research, welcher durch iterative Zyklen der Lerngegenstandstrukturierung, der Design-Entwicklung sowie deren Prüfung auf die Erarbeitung von wissenschaftlich fundierten Lehrunterlagen fokussiert (Prediger et al., 2015). Anhand von teilnehmender Beobachtung verschiedener Bergsportaktivitäten werden kritische Ereignisse in herausfordernden Situationen extrahiert und im Rahmen eines Interviews mit dem unterrichtenden Bergführer analysiert.
Befunde
Die Analysen der kritischen Ereignisse verweisen auf die Bedeutung von Angstbewältigung. Dabei kann festgestellt werden, dass der Bergführer Kompetenzerwerb wiederholt als Strategie einsetzt. Weiter versucht er über kognitiv-verbale Anweisungen angstreduzierend auf die Kinder einzuwirken oder nach herausfordernden Situationen zu loben. Reflexionen zu den individuellen Erfahrungen der Schüler*innen finden kaum statt. In Einzelgesprächen können z.T. nicht intendierte, unstrukturierte Reflexionen festgestellt werden. Aus Sicht des Bergführers sind Reflexionen nur dann angezeigt, wenn die Problemlösungsstrategien der Kinder nicht erfolgversprechend sind.
Diskussion
Die Strategien des Bergführers verweisen auf die hohe Bedeutung von technischen Instruktionen, um Bewegungswagnisse erfolgreich zu bewältigen. Obwohl Bergsportaktivitäten hohe physische Handlungs- und Erlebnisdimensionen aufweisen, werden letztere nicht thematisiert.
Literatur
Damisch, C., (2000). Erlebnispädagogik und Bergführer. Berg und Steigen, 32(3), 28-29.
Neumann, P. (2020). Bewegungswagnisse aufsuchen, aushalten und auflösen. Ein (sportpädagogischer) Ansatz. erleben und lernen, 39(1), 4-7.
Prediger, S., Gravemeijer, K., & Confrey, J. (2015). Design research with a focus on learning processes – An overview on achievements and challenges. ZDM, 47(6), 877-891.