8–10 Jun 2023
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Sportpädagogik zwischen den Stühlen?!

Unterrichtsstörungen im Sport – eine Eye-Tracking-Studie zur selektiven Aufmerksamkeit und der individuellen Reaktion von Lehrkräften

8 Jun 2023, 15:00
1h 30m
Sporthalle

Sporthalle

4| Poster Postersession

Speakers

Malte Simon (Institut für Sportwissenschaft, Universität Rostock) Heiko Lex (Amt für Sport, Vereine und Ehrenamt, Hansestadt Rostock)

Description

Einleitung
Unterrichtsstörungen gehören zu den Hauptbelastungsfaktoren des Lehrberufs (Lohmann, 2018). Das subjektive Störungsempfinden unterliegt dabei personalen und kontextuellen Bedingungen, jedoch müssen Sportlehrkräfte stets angemessen auf verschiedene Störungspotenziale reagie-ren. Vermehrt nehmen Lehrkräfte zudem das Lachen von Schüler*innen als Störung wahr (Twardella, 2010), obwohl es sich positiv auf das Lernen auswirken kann (Attardo, 2016).

Methode
Die vorliegende Studie untersucht per Eye-Tracking die Aufmerksamkeitssteuerung und die indivi-duelle Reaktion bei der Wahrnehmung ausgewählter Unterrichtsstörungen (Lohmann, 2018) sowie bei freudvollem Lachen. Während der videobasierten Präsentation kurzer Unterrichtssequenzen wurden die Blickverlaufsdaten sowie die individuellen Interventionszeitpunkte und -stärken aller Versuchspersonen (n = 88) beim Beobachten inszenierter Störungen im Sportunterricht erfasst. Die Studie untersucht, ob freudvolles Lachen als Störung der Vermittlung wahrgenommen und behandelt wird. Darüber hinaus prüfte das HEXACO PI-R den Zusammenhang zwischen Persön-lichkeitsdispositionen und den Interventionsentscheidungen.

Ergebnisse
Die ANOVA zur selektiven Aufmerksamkeit (Verweildauer in den AOI) weist signifikante Unter-schiede zwischen den Kategorien nach, F(3,00; 528,60) = 116,76, p < 0,001, η² = 0,40. Sidak-korrigierte post-hoc-Tests zeigen, dass aggressives Verhalten (aV) am längsten selektive Auf-merksamkeit erregt, wobei Lachen diese gleichermaßen bindet wie eine akustische Unterrichts-störung. Weiterhin wird aV am frühesten und stärksten interveniert. Darüber hinaus zeigt sich, dass Teilnehmende mit hoher Ausprägung im Vergleich zur niedrigen Ausprägung der Eigenschaft Offenheit später (p < 0,05) und schwächer (p < 0,001) sowie Teilnehmende mit hoher Ausprägung der Extraversion im Mittel früher (p < 0,001) und stärker (p < 0,001) intervenieren.

Diskussion
Was Lehrkräfte als Störung auffassen, differiert, abhängig von der eigenen Vorstellung und der subjektiven Einschätzung des Unterrichtsgeschehens (Klingen, 2007). Insbesondere der Sport ist prädestiniert für eine gezielte Integration humorvoller Sequenzen (Lange, 2013). Lehrkräfte sollten sich vermittlungsrelevante Auswirkungen einer freudbetonten Gestaltung vergegenwärtigen und Äußerungen von Freude nicht als Unterrichtsstörung behandeln, sondern im besten Fall für den Lernprozess nutzen bzw. gezielt herbeiführen. Dafür sollten die Ergebnisse in einem realen Set-ting bestätigt werden.

Literatur
Attardo, S. (2016). Humor, language, and pedagogy: An introduction to this special issue. EuroAmerican Journal of Applied Linguistics and Languages, 3(2), 1–2.
Klingen, P. (2007). Störungen im Sportunterricht vermeiden. Sportunterricht(1), 1–8.
Lange, H. (2013). Sportdidaktik und Sportpädagogik. De Gruyter.
Lohmann, G. (2018). Mit Schülern klarkommen: Professioneller Umgang mit Unterrichtsstörungen und Disziplinkonflikten (13. Aufl.). Scriptor Praxis. Cornelsen.

Authors

Malte Simon (Institut für Sportwissenschaft, Universität Rostock) Heiko Lex (Amt für Sport, Vereine und Ehrenamt, Hansestadt Rostock)

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