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Description
Einleitung
Die COVID-19-Pandemie hatte Auswirkungen auf die Durchführung von Sportunterricht in Deutschland: An manchen Schulen wurde er zeitweise vom Stundenplan gelöscht oder es wurden Empfehlungen zur Installation digitaler Sportlernangebote ausgesprochen (Kultusminister Konferenz, 2021). Es stellt sich die Frage, welchen Mehrwert digitale Sportlernangebote darstellen können. Überträgt man das ganzheitliche Verständnis von Sportunterricht auf digitale Angebote wird die Operationalisierung digitaler Bewegungs- und Lernaufgaben (vgl. Pfitzner, 2018) mit Blick auf die kognitive Aktivierung, soziale Interaktionen und den Lebensweltbezug der Aufgaben analysiert.
Methode
Die Analyse erfolgte als standardisierte Beobachtung des anleitenden Videomaterials und umfasste die Aufgaben zweier digitaler Sportlernangebot. Während die vom Niedersächsischen Kultusministerium empfohlene Plattform "SchulSportWelten" die schulische Seite repräsentierte, wurde ergänzend "ALBAs tägliche Sportstunde" als Vereinsangebot betrachtet. Ein Kodierer sichtete jeweils acht digitale Sportstunden und analysierte diese hinsichtlich der kognitiven Aktivierung, der sozialen Interaktion, der Differenzierung und des Lebensweltbezugs.
Ergebnisse
Die analysierten Aufgaben beider Lernplattformen können als wenig kognitiv aktivierende und wenig differenzierende Einzelaufträge weitgehend ohne Lebensweltbezug und ohne Interaktionsmöglichkeit beschrieben werden. Insgesamt kann ein deutlicher motorischer Fokus und eine Dominanz von Bewegungsanweisungen beobachtet werden.
Diskussion
Das kognitive Aktivierungspotenzial, das im Verständnis von Pfitzner (2018) durch soziale Interaktion, Differenzierung und Lebensweltbezug innerhalb von Aufgaben gesteigert werden kann, ist sowohl auf Schul- als auch auf Vereinsseite als gering einzuschätzen. Ein Sportlernangebot, das von den Lernenden zum Großteil abverlangt, Bewegungen motorisch nachzuahmen, ohne dabei sozial zu interagieren, einen authentischen Bezug zu ihrer Lebenswelt zu erkennen, die Hintergründe ihres Sich-Bewegens nachzuvollziehen und eigenständig zu abgewogenen Entscheidungen zu gelangen, würde dem Anspruch eines ganzheitlich bildenden Fachs nicht gerecht. Ein Virenscanner schlägt beim Programm "Digitaler Sportunterricht" nicht an. Dennoch sollten digitale Sportlernangebote aus der Perspektive des Sportunterrichts kritisch hinterfragt werden. Damit diese Angebote ganzheitlich bildende Charakteristika aufweisen, wären sie grundlegend didaktisch und methodisch aufzubereiten.
Literatur
Kultusminister Konferenz. (2021). Corona-Studie. https://www.kmk.org/fileadmin/pdf/PresseUndAktuelles/2021/KMK-Corona-Studie_Abschlussbericht.pdf
Pfitzner, M. (2018). Lernaufgaben im kompetenzförderlichen Sportunterricht. Theoretische Grundlagen und empirische Befunde. Springer VS