8–10 Jun 2023
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Sportpädagogik zwischen den Stühlen?!

Im Schatten der Begriffe. Die gesellschaftstheoretischen Raster sportpädagogischer Forschung

8 Jun 2023, 18:05
20m
PC-Pool Raum

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2b| Beitrag im Arbeitskreis AK 2.2

Speaker

Tobias Arenz (Deutsche Sporthochschule Köln)

Description

Der Beitrag versteht sich als eine Spielart reflexiver Methodologie, die auf die Aufklärung der Grundlagen sportpädagogischen Forschens zielt. Mit Grundlagen ist eine spezifische Theoriedimension des Forschens gemeint. Begreift sich sportpädagogische Forschung als (qualitative) Sozialforschung, braucht es notwendigerweise eine Sozialtheorie, die den Ort der Erforschung des Sozialen (z.B. Kommunikation, Handlung, Praxis) festlegt. Die Reflektiertheit qualitativer Forschung zeigt sich u.a. darin, dass Forscher*innen die in Gebrauch genommene Sozialtheorie relativieren. Die eigene Forschung zu relativieren heißt, die „eigene Mache [des Forschens]“ (Rode et al., 2023, S. 1) auch auf die sozialtheoretischen Begriffe zurückzuführen, die auch andere sein könnten.

Reflexive Methodologie wird damit zu einem Signum der „Hochmoderne“, die durch die Kontingenz ihrer Verhältnisse charakterisiert wird (ebd., S. 13). Die Reflexion sportpädagogischer Forschungen enthält damit die Aufforderung, ‚dasselbe‘ Phänomen im Rahmen einer anderen Sozialtheorie zu erforschen. Die methodologische Ausgangsthese dieses Beitrages lautet, dass die unhintergehbare Wahl einer Sozialtheorie eine normative Qualität hat, auf deren Güte Forscher*innen wetten. Die Reflexion dieses normativen Wetteinsatzes führt die reflexive Methodologie auf eine andere Theoriedimension. Diese Theoriedimension ist die gesellschaftstheoretische Formatiertheit des Forschens. In jeder Analyse sozialer Zusammenhänge wie dem Lernen oder der Bildung wird eine Aussage dazu getroffen, in welcher Gesellschaft wir eigentlich lernen und bilden. Am Beispiel der kompetenzorientierten Taxonomie für den Sportunterricht (Töpfer et al., 2022) wird gezeigt, wie dieses Konzept sportpädagogischen Forschungen die Teilnahme an einer bestimmten (neoliberalen) Gesellschaft ermöglicht (Arenz, 2023).

Als Schlussfolgerung ergibt sich, dass auch eine konstruktivistische Lesart des Verhältnisses von Forschung und Gegenstand das Problem der Bestimmtheit nicht auflösen kann. Jede sportpädagogische Forschung artikuliert bestimmte Bedeutungsrelationen, die in den gesellschaftstheoretischen Rastern verankert sind. Das Beispiel des kompetenzorientieren Sportunterrichts hat in diesem Beitrag daher keinen willkürlichen Status, sondern stellt eine theoretische Umformatierung sportpädagogischen Forschens zur Diskussion.

Arenz, T. (2023). Die Raster der Sportpädagogik. Zur Verschränkung von Gesellschaftstheorie und empirischer Sportpädagogikforschung. In B. Zander, D. Rode, D. Schiller & D. Wolff (Hrsg.), Qualitatives Forschen in der Sportpädagogik. Beiträge zu einer reflexiven Methodologie (S. 29-53). Springer VS.
Rode, D., Wolff, D., Schiller, D. & Zander, B. (2023). Reflexionen qualitativen Forschens in der Sportpädagogik: Prozesse, Partizipanden und Verhältnisse beobachten, beschreiben und befragen. In B. Zander, D. Rode, D. Schiller & D. Wolff (Hrsg.), Qualitatives Forschen in der Sportpädagogik. Beiträge zu einer reflexiven Methodologie (S. 1-25). Springer VS.
Töpfer, C., Hapke, J., Liebl, S. & Sygusch, R. (2022). Kompetenzorientierung im Sport: eine Taxonomie für den Sportunterricht. German Journal of Exercise and Sport Research, 52 (4), 570-583.

Arbeitskreis Selbstvergewisserung in sportpädagogischer Forschungspraxis. Grundzüge und Spielarten einer reflexiven Methodologie

Author

Tobias Arenz (Deutsche Sporthochschule Köln)

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