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Description
Im Vortrag werden wesentliche grundlagentheoretische und methodologische Zusammenhänge der Sequenziellen Habitusrekonstruktion thematisiert und auf Interviewsequenzen von Sportlehrpersonen aus einem Forschungsprojekt zum Passungsverhältnis von Lehrerhabitus und Schulkultur bezogen, die über ihren Unterricht sprechen. Auf diese Weise sollen einerseits fallspezifische Denk-, Wahrnehmungs- und Handlungsmuster sichtbar gemacht werden und andererseits der Blick dafür geschärft werden, dass rekonstruierte Sinnkonstruktionen und Wissensordnungen stets an (fach-)kulturelle historisch hervorgebrachte Felder gebunden sind, sodass letztlich auch die Bedeutungen bewusster Handlungssteuerungen relativiert werden müssen.
Die Methode der Sequenzanalytischen Habitusrekonstruktion (vgl. Pallesen & Kramer, 2022) rückt den Lehrer*innenhabitus als ein zentrales Generierungsprinzip pädagogischer Praxis in den Fokus. Dieses Generierungsprinzip zeichnet sich dadurch aus, dass es Praxis hervorbringt, ohne selbst direkt methodisch wahrnehmbar und greifbar zu sein. Daher folgt die Sequenzanalytische Habitusrekonstruktion der Annahme, dass sich der Habitus als Hervorbringungsmodus empirisch ausschließlich in Ausdrucksformen (hier: Interviewtranskripte) zeigt, also über Spuren, die der Habitus in einer je spezifischen «Handschrift» hinterlässt (vgl. Bremer et al., 2019, S. 264). Zentral für die methodische Umsetzung ist eine relationale Perspektive, die zum einen darauf verweist, dass habituelle Dispositionen sozial hervorgebracht und zum anderen Ergebnis inkorporierter Strukturen sind.
Aus forschungspraktischer Sicht ergeben sich daraus die Anforderungen, neben der Auseinandersetzung mit der eigenen Standortgebundenheit und den damit verbundenen Selbstverständlichkeiten auch einen „reflexiven Rückbezug der Ergebnisse auf ihre Entstehung zu gewährleisten“ (Friebertshäuser, 2009, S. 242). Dazu gehört ein kritischer Blick auf den Forschungsprozess (z.B. über den Vergleich von Lesarten) und eine Diskussion der Forschungsergebnisse (z.B. über die Frage nach Stabilität und Wandel von Habitusformationen), um darüber Grenzen und Erträge der Erkenntnisse reflexiv einordnen zu können.
Literatur
Bremer, H., Teiwes-Kügler, C. & Lange-Vester, A. (2019). Habitus-Hermeneutik. In R.-T. Kramer & H. Pallesen (Hrsg.), Lehrerhabitus. Theoretische und empirische Beiträge zu einer Praxeologie des Lehrerberufs (S. 265-283). Julius Klinkhardt.
Friebertshäuser, B. (2009). Verstehen als Herausforderung für eine reflexive empirische Forschung. In B. Friebertshäuser, M. Rieger-Ladich & L. Wigger (Hrsg.), Reflexive Erziehungswissenschaft. Forschungsperspektiven im Anschluss an Pierre Bourdieu (S. 238-249). VS
Pallesen, H. & Kramer, R.-T. (2022). Sequenzanalytische Habitusrekonstruktion in der Sportpädagogik. Gegenstandsbezogene, methodologische und methodische Reflexionen zu einer praxeologischen Perspektive. In B. Zander, D. Rode, D. Schiller, & D. Wolff (Hrsg.), Qualitatives Forschen in der Sportpädagogik. Beiträge zu einer reflexiven Methodologie (S. 121-147). VS.
Arbeitskreis | Reflexive Methodologie als Form der Selbstvergewisserung in sportpädagogischer Forschungspraxis |
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