Speakers
Description
Einleitung und theoretischer Hintergrund
Vor dem Anspruch einer Schule der Vielfalt (HRK & KMK, 2015) stellt sich die Herausforderung, materiell-räumliche Bewegungsangebote auf dem Schulhof barrierefrei – also zugänglich und nutz-bar für alle potenziellen Nutzerinnen – zu gestalten und gleichzeitig seinen Auf- und Herausforde-rungscharakter zu erhalten, um das Potenzial für Bewegungslernen und -bildung zu wahren (Bü-kers, 2023). Gefährden körperbezogene Normalitätsideale hinsichtlich Ausgestaltung und Nutzung die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen, droht hier ein (weiteres) „Scheitern an der Norm“ (Giese & Sauerbier, 2018). Der Beitrag beleuchtet dieses potenzielle Spannungsverhältnis näher und verfolgt dafür die Fragestellung: „Wie erleben und deuten Schülerinnen, die einen Rollstuhl nutzen, die materiell-räumlichen Gegebenheiten ihrer Schulhöfe sowie ihre Pausensituation?“
Methode
Zur Beantwortung dieser Frage wurden Daten aus Leitfaden-Interviews mit 14 Schüler*innen im Alter zwischen 7 und 15 Jahren mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung, die einen Rollstuhl nutzen, analysiert. Die Interviewten (5 weiblich, 9 männlich) besuchen inklusive Schulen (N = 6) und spezielle Sonderschulen (N = 8) Die Interviews wurden überwiegend bei gemeinsamen Schulhofbegehungen geführt und im Sinne der Grounded Theory Methodologie ausgewertet (Strauss & Corbin, 1996).
Ergebnisse
Wenngleich nahezu alle Befragten ihre Vorliebe für die Pause äußern und betonen, wie wichtig diese für sie zur Erholung vom Unterrichtsalltag ist, berichten sie ebenso von materiell-räumlichen Barrie-repotenzialen auf ihren Schulhöfen, die sie in ihrer Raumaneignung behindern. Exemplarisch wer-den Hauptkategorien ausgeführt, die verdeutlichen, dass aktuelle Schulhöfe Diskriminierungspoten-ziale aufweisen. So z. B. die Hauptkategorie No-Go-Areas, die das Phänomen aufgreift, dass Be-reiche des Schulhofs aufgrund ihrer instabilen oder nicht rollgerechten Gestaltung von den Inter-viewten als für sie feindselige Areale gedeutet werden. Ebenso die Hauptkategorie Wunsch nach „höheren Aussichten“, in der sich deutlich widerspiegelt, dass Spielgeräte und v. a. Kletterland-schaften bis dato oft ausschließlich für Fußgänger*innen geplant und ausgestaltet werden.
Diskussion
Ganz im Tagungssinne der ‚Selbstvergewisserung‘ soll anhand der präsentierten Ergebnisse und angesichts der (aktuellen) Ansprüche einer diversitätsbegrüßenden Schulkultur diskutiert werden, inwieweit vorliegende materiell-räumliche Gegebenheiten von Bewegungsräumen (hier: Schulhöfen) und die damit verbundene Normvorstellungen an Körper und Körperlichkeit zu erhalten oder neuzu-denken sind.
Literatur
Bükers, F. (2023). Barrierefreiheit im Kontext von Bewegung, Spiel und Sport. Beiträge zur theoretischen Konzeptualisierung und Qualifizierung für Inklusion (Dissertationsschrift), Universität Hamburg.
Derecik, A. (2011). Der Schulhof als bewegungsorientierter Sozialraum. Eine sportpädagogische Untersuchung zum informellen Lernen an Ganztagsschulen. Meyer & Meyer.
Giese, M. & Sauerbier, E. (2018). Scheitern an der Norm. Ableistische und autoethnographische Reflexionen zum sportpädagogischen Umgang mit Körperbehinderungen. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 87(4), 276–288.
HRK & KMK (2015). Lehrerbildung für eine Schule der Vielfalt. Abgerufen von: https://www.hrk.de/fileadmin/_migrated/content_uploads/HRK-KMK-Empfehlung_Inklusion_in_LB_032015.pdf, zugegriffen am: 19. Februar 2023.
Strauss, A. & Corbin, J. (1996). Grounded Theory: Grundlagen qualitativer Sozialforschung. Beltz.
Arbeitskreis | Zwischen Ausgrenzung und Teilhabe?! Zur Schüler:innenperspektive in einem zeitgemäßen Sportunterricht |
---|