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Description
Situationen des Wettkampfcoachings sind im Leistungssport zu weiten Teilen strukturell verankert, sei es z.B. in Time-Outs, Halbzeit- oder Viertelpausen. In ihnen findet Interaktion dazu statt, was zuvor wie gelaufen und im Anschluss zu tun ist. Das sprachliche Handeln ist in den allermeisten Fällen der modus operandi. Es ist nun wenig bekannt, wie dieses Handeln genauer zu beschreiben und zu unterscheiden ist (Cachay & Borggrefe, 2015; Meyer & Wedelstaedt, 2019). Und erst recht fehlt es an fundierten Erkenntnissen darüber, ob dieses Handeln als ein kommunikatives Handeln zu fassen wäre, für das Trainerinnen und Athletinnen gemeinsam verantwortlich zeichnen. In dem vom BISp geförderten Projekt „Sprachliches Handeln und Interaktion in leistungssportlichen Spielunterbrechungen“ an der Universität Hildesheim geht es vor diesem angedeuteten interaktionstheoretischen Hintergrund um die Frage, wie Formen der sprachlichen Gestaltung von Spielunterbrechungen zu unterscheiden sind und wie die Funktionalität dieser interaktiven Zusammenkünfte zu bestimmen ist.
Die audiovisuelle Datenbasis besteht bisher aus 170 transkribierten Time-outs im Spitzentischtennis (Top 24 Turnier der Jugend) und 79 transkribierten Time-outs aus den Handball-Nationalmannschaften der Männer und Frauen. Weitere, in der Transkription befindliche Daten liegen vor aus der Basketballbundesliga der Frauen (6 komplette Spielaufzeichnungen), aus der Hockeynationalmannschaft der Frauen (2 ProLeague-Spielaufzeichnungen), von der Hockey-U21-Europameisterschaft (wbl./mnl., 10 komplette Spielaufzeichnungen) und aus dem Ringen und Judo (8 Bundesligakämpfe der Männer). Das methodische Vorgehen ist entlang der Grounded Theory erfolgt und bestimmt dementsprechend auch die Auswertung der Daten. Ergänzend dazu werden computerlinguistische Korpora erstellt (Kooperation mit der Computerlinguistik und der Germanistik an der Uni Hildesheim), um sprachliche Verläufe und sprachliche Formen zu quantifizieren.
Als erste Verlaufshinweise aus den Daten unterscheiden wir quer zu den Sportarten rein instrumentelle Adressierungen von Trainerinnen bis hin zu interaktiven Pausengestaltungen, die von Spielerinnen koordiniert werden. Interessanter Weise treffen dabei kommunikative und strategische Handlungsrationalitäten bisweilen innerhalb ein und derselben Spielunterbrechung unmittelbar aufeinander. Und als eine erste sprachliche Besonderheit kann herausgestellt werden, dass die Gestaltung von Spielunterbrechungen umso diffuser und elliptischer ausfallen, je knapper und bedeutungsvoller das jeweilige Event ist. Gleichzeitig nimmt die Anzahl an Informationen und Handlungslösungen sprunghaft zu. Im Kontext des Arbeitskreises wird mit diesem Beitrag die Rede von einer sozial-kommunikativen Kompetenz (siehe DOSB-Kompetenzmodell) aufgegriffen, genauer: wie ist die Sache mit der Kommunikation zu konkretisieren?
Cachay, K. & Borggrefe, C. (2015). Kommunikation unter Druck: Anforderungen und Strategien wettkampfbezogener Trainer-Athlet-Kommunikation. In C. Borggrefe & K. Cachay (Hrsg.), Kommunikation als Herausforderung: eine theoretisch-empirische Studie zur Trainer-Athlet-Kommunikation im Spitzensport, S. 287-383. Schorndorf: Hofmann
Meyer, C. & Wedelstaedt, U. v. (2019). Multiparty Coordination Under Time Pressure: The Social Organization of Handball Team Time-Out Activities. In E. Reber und C. Gerhardt (Hrsg.), Embodied Activities in Face-to-face and Mediated Settings. Social Encounters in Time and Space, Bd. 18, S. 217-253. Cham: Springer International Publishing.
Arbeitskreis | Sportpädagogische Forschung zu Wettkampf, Training und Trainer:innenbildung |
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