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Der schulische Ganztag kann als eine zentrale Schnittstelle zwischen der Bildungsinstitution Schule und dem organisierten Sport betrachtet werden: Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote haben im Ganztag einen festen Platz und machen einen beträchtlichen Anteil im Kanon der Angebote aus, der ohne die Kooperation mit Sportvereinen nicht möglich wäre. Die von beiden Akteurinnen gemeinsam verantworteten Angebote bieten Chancen der sportbezogenen Entwicklungsförderung jenseits formaler Bildungs- und Erziehungsprozesse in der Schule (Laging, 2014), die auch Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf selbstverständlich zugänglich sein müssen. Deren Anteil an anderen allgemeinbildenden Schulen als Förderschulen ist seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 von 19% aller Schülerinnen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Schuljahr 2008/09 auf 44,4% im Schuljahr 2020/21 gestiegen (Klemm, 2022).
Es stellt sich die Frage, wie Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote an der Schnittstelle zwischen Ganztag, Inklusion und Sportverein gestaltet sein müssen, damit sie auch attraktiv für Schüler*innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf sind und diese daran teilnehmen. In der sportbezogenen Ganztagsforschung wird dieses Thema bislang nicht bearbeitet (Naul & Neuber, 2021).
In einer Interviewstudie mit Verantwortlichen für Sport- und Bewegungsangebote im Ganztag wurde dieser Frage nachgegangen. Insgesamt wurden N=21 leitfadengestützte Interviews durchgeführt, wobei sowohl Personen aus Schule und Ganztag, als auch Personen aus Vereinen, Verbänden und weiteren Kooperationspartner*innen befragt wurden. Die inhaltsanalytische Auswertung nach Mayring (2022) wird im April 2023 abgeschlossen sein, so dass im Vortrag Ergebnisse präsentiert und Konsequenzen für inklusive Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote im Ganztag diskutiert werden können.
Es deutet sich an, dass es kaum explizit inklusiv konzipierte Bewegungs- und Sportangebote gibt und Schülerinnen mit Behinderung oder sonderpädagogischem Förderbedarf eher dann an Bewegungsangeboten teilnehmen, wenn ihre individuellen Voraussetzungen nicht mit den normierten Erwartungen der jeweiligen Sportarten konfligieren. Eine besondere Herausforderung scheint die Verfügbarkeit personeller Ressourcen auf der Seite der Anleitenden zu sein. Insgesamt betrachtet steht das Thema Inklusion an der Schnittstelle von Bewegungs-, Spiel- und Sportangeboten im Ganztag und der Kooperation mit Sportvereinen und weiteren außerschulischen Partnerinnen bei den Verantwortlichen nicht im Fokus aktueller Überlegungen, so dass die Situation für insbesondere Schüler*innen mit Behinderung oder sonderpädagogischem Förderbedarf noch nicht zufriedenstellend ist.
Literatur
Klemm, K. (2022). Inklusion in Deutschlands Schulen: Eine bildungsstatistische Momentaufnahme 2020/21. Bertelsmann Stiftung.
Laging, R. (2014). Einleitung. In R. Hildebrandt-Stramann, R. Laging, & J. Teubner (Hrsg.), Bewegung, Spiel und Sport in der Ganztagsschule. StuBSS: Ergebnisse der qualitativen Studie (S. 7-13). Schneider.
Mayring, P. (2022). Qualitative Inhaltsanalyse: Grundlagen und Techniken (Neuausgabe). Beltz.
Naul, R. & Neuber, N. (2021). Sport im Ganztag – Zwischenbilanz und Perspektiven. In N. Neuber (Hrsg.), Kinder- und Jugendsportforschung in Deutschland – Bilanz und Perspektive (S. 133-150). Springer VS.
Arbeitskreis | Außerunterrichtlicher Schulsport im Kontext von Inklusion und Diversität |
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