8–10 Jun 2023
Hamburg
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Sportpädagogik zwischen den Stühlen?!

„Keine Schwächen zeigen": Die Perspektive von Gefängnisinsassen auf die Effektivität von TrainerInnen

8 Jun 2023, 15:00
1h 30m
Sporthalle

Sporthalle

4| Poster Postersession

Speakers

Milan Dransmann (Universität Bielefeld) Lara Lesch (Universität Bielefeld) Bernd Gröben (Universität Bielefeld) Pamela Wicker (Universität Bielefeld)

Description

Einleitung
Studien, die sich mit den Anbietern von Sportinterventionen in Gefängnissen befassen, sind selten (Lleixà & Ríos, 2015). Angesichts dieser Forschungslücke untersucht die vor-liegende Studie die Wahrnehmung von Insassen über TrainerInnen. Die Hauptfor-schungsfrage lautet: Welche Faktoren sind nach Ansicht von männlichen Insassen einer offenen deutschen Justizvollzugsanstalt wichtig für effektive TrainerInnen?

Methode
Der theoretische Rahmen basiert auf der Definition von effektiven TrainerInnen nach Côte und Gilbert (2009). Demnach ergibt sich Effektivität aus (1) fachlichem, interperso-nellem und intrapersonellem Wissen, welches (2) den AthletInnen helfen soll, Ergebnis-se zu erzielen, d.h. sportartspezifische Kompetenz sowie Selbstvertrauen zu entwickeln, Verbindung zu anderen herzustellen und den eigenen Charakter zu entwickeln. Darüber hinaus ist es wichtig, (3) den spezifischen Kontext zu berücksichtigen. In dieser Studie wurden qualitative und halbstrukturierte Interviews mit fünf Insassen durchgeführt, die an unterschiedlichen Sportprogrammen teilgenommen haben. Das Protokoll des Interview-leitfadens sowie die Kategorien für die deduktive Inhaltsanalyse basieren auf dem Mo-dell von Côté und Gilbert (2009).

Ergebnisse
Die Insassen machen das fachliche Wissen vor allem an der Sprache, dem physische Auftreten und den sportlichen Fähigkeiten der TrainerInnen fest. Nach Meinung der In-sassen sollten die TrainerInnen auf zwischenmenschlicher Ebene nicht angespannt oder ängstlich sein, sondern sich Respekt verschaffen. Dagegen scheint das intrapersonelle Wissen der TrainerInnen für die Insassen weniger wichtig zu sein. Während die Entwick-lung von sportartspezifischen Kompetenzen als Motivationsfaktor für die weitere Teil-nahme am Sport wahrgenommen wird, nehmen die TrainerInnen für die Entwicklung des Selbstvertrauens keine Rolle ein. Kontakte zu knüpfen ist für die Insassen nicht beson-ders wichtig, da Gefängnisse nicht als Orte angesehen werden, an denen man Freunde findet. Nach Ansicht der Insassen findet die Entwicklung des Charakters nicht durch die TrainerInnen, sondern durch den Sport selbst statt. Vielmehr ist beim sportlichen Training im Gefängnis eine besondere Sensibilität für die Gruppe und die Situation erforderlich.

Diskussion
Die Ergebnisse verdeutlichen, wie wichtig kontextspezifische Trainer-Fähigkeiten im Ge-fängnis sind. Das zwischenmenschliche Wissen scheint besonders bedeutsam zu sein, was die Wichtigkeit von pädagogischer Trainingsqualität (Morlang, 2020) unterstreicht.

Literatur
Côté, J., & Gilbert, W. (2009). An Integrative Definition of Coaching Effectiveness and Expertise. Inter-national Journal of Sports Science & Coaching, 4(3), 307-323.
Lleixà, T., & Ríos, M. (2015). Service-Learning in Physical Education Teacher Training. Physical Educa-tion in the Modelo Prison, Barcelona. Qualitative Research in Education, 4(2), 106-133.
Morlang, K. (2020). Das Selbstverständnis von Trainer*innen. Forum Kinder- und Jugendsport, 1, 130-137.

Authors

Milan Dransmann (Universität Bielefeld) Lara Lesch (Universität Bielefeld) Bernd Gröben (Universität Bielefeld) Pamela Wicker (Universität Bielefeld)

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