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Einleitung
Die psychische Gesundheit von leistungssportlich aktiven Menschen ist in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus der Sportwissenschaft (Nixdorf et al., 2023) und Sportfachverbände geraten. In der Sportpädagogik wurde dieses Thema vor allem im Zusammenhang mit der aus Schule und Leistungssport resultierenden Doppelbelastung aufgegriffen, mit der Heranwachsende in dualen Karrieren konfrontiert sind (Sallen & Gerlach, 2020). Der Beitrag befasst sich mit folgenden Forschungsfragen: Bestehen Unterschiede im Ausmaßes und in der Entwicklung psychischer Gesundheit (1) zwischen Schülerathlet:innen und Schüler:innen in der gymnasialen Oberstufe (GOST) sowie (2) zwischen Schülerathlet:innen mit und Schülerathlet:innen ohne Inanspruchnahme schulischer Angebote zur Flexibilisierung von Anforderungen in der GOST (z. B. Schulzeitstreckung).
Methodik
Zur Klärung dieser Fragen wurden schriftliche Selbstauskünfte von 97 Schüler:innen und 149 Schülerathlet:innen auswertet, die im Rahmen einer prospektiven Längsschnittstudie zu Beginn und zum Ende der GOST erhoben wurden (Sallen et al., 2022). Die Erhebungen erfolgten zwischen 2016 und 2020 an jeweils drei Gesamtschulen mit bzw. ohne Leistungssport-Förderprofil. Aspekte psychischer Gesundheit wurden mit Skalen aus dem Trierer Inventar zum Chronischen Stress erfasst (Sallen et al., 2018). Die statistische Auswertung erfolgte mittels mehrfaktorieller Varianzanalysen mit Messwiederholung.
Ergebnisse
Sowohl bei Schüler:innen als auch Schülerathlet:innen stieg das subjektive Erleben chronischer Alltagsüberlastung („zu viele Anforderungen“) und schulischer Überforderung („zu hohe Anforderungen“) bis zum Ende der GOST signifikant an und erreichte im Durchschnitt ein moderates, unkritisches Niveau. Gruppen- und Entwicklungsunterschiede zeigten sich nicht.
Effekte der Inanspruchnahme von Angeboten zur flexibleren Gestaltung der Anforderungen in der GOST auf das Erleben chronischer Überlastung sowie schulischer Überforderung von Schülerathlet:innen konnten nicht identifiziert werden.
Fazit
Die Doppelbelastung durch Schule und Leistungssport schlägt sich nicht auf die untersuchten Facetten psychischer Gesundheit von Schülerathlet:innen nieder. Es scheint so, als ob die Gesamtheit der Fördermaßnahmen an EdS vor ernsthaften Beeinträchtigungen der psychischen Gesundheit bewahrt. Spezifische Effekte der Inanspruchnahme des Additiven Abiturs auf das chronische Belastungserleben sind nicht nachweisbar.
Literatur
Nixdorf, I., Nixdorf, R., Beckmann, J. & Martin, S. & MacIntyre, T. (2023). Routledge Handbook of Mental Health in Elite Sport. Routledge.
Sallen, J. & Gerlach, E. (2020). Förderung Dualer Karrieren im Leistungssport. In C. Breuer, C. Graf & W. Schmidt (Hrsg.), Vierter Deutscher Kinder- und Jugendsportbericht (S. 249-276). Hofmann.
Sallen, J., Hirschmann, F. & Herrmann, C. (2018). Evaluation and adaption of the Trier Inventory for Chronic Stress (TICS) for assessment in competitive sports. Frontiers in Psychology, 9, Artikel 308.
Sallen, J., Wendeborn, T. & Gerlach, E. (2022). Evaluation von Angeboten zur Förderung Dualer Karrieren an Schule-Leistungssport-Verbundsystemen unter besonderer Berücksichtigung des Modellversuchs Additives Abitur (EDKAA). In Bundesinstitut für Sportwissenschaft (Hrsg.), BISp-Jahrbuch Forschungsförderung 2021/2022 (S. 255-261). Eigenverlag.