8–10 Jun 2023
Hamburg
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Sportpädagogik zwischen den Stühlen?!

Jugend & Fitness – Zwischen Mainstream und Subkultur?!

8 Jun 2023, 18:05
20m
FEL03

FEL03

1| Einzelvortrag AK 2.3

Speaker

Christian Theis (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)

Description

Einleitung
Außenstehende Beobachter charakterisieren jugendliche Vergemeinschaftungen, welche durch gemeinsame Interessen und Verhaltensweisen ausgemacht werden, häufig als Jugendkulturen. Wenn an der Bezeichnung Jugendkultur festgehalten werden soll, darf die Überprüfung der jugendkulturell typischen (ggf. auch notwendigen) Eigenschaften bei dieser Zuschreibung allerdings nicht ausbleiben. Mit Blick auf das populäre Fitnesssporttreiben Jugendlicher stellt sich nach über zwei Jahren ethnografischer Erfahrungen die Frage, inwieweit überhaupt – wie anfänglich vermutet (Bindel, 2017) – von einer jugendlichen Bewegungs(sub)kultur oder doch von gesamtgesellschaftlich etabliertem Sporttreiben gesprochen werden kann. Handelt es sich beim Fitnesssport von Jugendlichen etwa um eine Jugendkultur zwischen den Stühlen von Mainstream und Subkultur?

Ergebnisse & Diskussion
Es werden empirische Ergebnisse aus über zweijähriger ethnografischer Feldarbeit zur Diskussion gestellt, die beschreiben, welche jugendkulturell eher untypischen Charakteristika den juvenilen Fitnesssport ausmachen. Ermöglichen Jugendkulturen grundsätzlich Individuation und das Kreieren von heterogenen Patchwork-Identitäten, so versuchen die meisten jugendlichen Fitnesssporttreibenden die eigene Person an etablierte fitnesssportive Schablonen anzugleichen – sowohl körperlich als auch habituell. Das Leben der einzelnen Partizipierenden ist nicht ausdifferenziert. Die große Mehrheit orientiert sich an gleichen Zielen und Perspektiven und es wird versucht, sich selbst in Richtung einer ganz bestimmten Idealvorstellung zu modellieren, was Kreativität und gestalterische Handlungen – wodurch andere Jugendkulturen charakterisiert werden – obsolet macht.
Auch Hedonismus und ein lustvolles Leben werden im Fitness-Lifestyle der jungen Menschen – im Tausch gegen einen schöneren Körper und eine vielversprechende zukünftige Biografie – abgelehnt. Solch perspektivische Lebensziele wirken konservativ und pragmatisch. Die fehlende Abtrennung von älteren Autoritäten verstärkt die jugendkulturell untypische Wahrnehmung des juvenilen Fitnesssports. Junge Menschen teilen sich sowohl fitnesssportive Motive als auch Räume mit Erwachsenen – und das alles in größtenteils kommerziellen Strukturen.
Aufgrund der beschriebenen kulturellen Besonderheiten und der großen Anzahl an jugendlichen Partizipierenden, stellt sich die Frage, ob anstelle einer jugendlichen Bewegungskultur lieber vom sportiven Mainstream der aktuellen Jugend gesprochen werden sollte. „Fitnesssport scheint der Sport einer konservativen Jugendgeneration zu sein“ (Theis, 2023, S. 171) – und befindet sich jugendkulturell zumindest zwischen den Stühlen von Mainstream und Subkultur.

Literatur
Bindel, T. (2017). Informeller Jugendsport – institutionelle Inanspruchnahme und Wandel eines deutungsoffenen Geschehens. Diskurs Kindheits- und Jugendforschung, 12(4), 417–426.
Theis, C. (2023). Wissen für den Körper – Eine Ethnographie über Jugend und Fitness. Shaker.

Author

Christian Theis (Johannes Gutenberg-Universität Mainz)

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