Speaker
Description
Der Beitrag soll den Ansatz der Sozialen Netzwerkanalyse im Sinne einer Einführung in den AK vorstellen und seine vielfältigen Potenziale in theoretischer wie methodischer Hinsicht skizzieren.
Gegenüber dem bisher in der Unterrichts- und sportpädagogischen Forschung dominierenden attributbasierten Ansatz fokussieren netzwerkanalytische Zugänge direkt die sozialen Peerbeziehungen, indem zumeist Peernominierungen im Hinblick auf ausgewählte, pädagogisch oder unterrichtlich interessierende Aspekte (z.B. Freundschaften oder Cliquen) erhoben und analysiert werden (Carolan 2013).
Theoretisch bietet das Konstrukt des sozialen Netzwerks (SN) also grundsätzlich zunächst eine spezifische Konzeptualisierung von Peerbeziehungen, die mit relevanten Unterrichts- oder Schüler*innenmerkmalen (z.B. Lernleistungen, Lernmotivation, Wohlbefinden) verknüpft werden können. Aus sozialökologischer Perspektive konstituieren sich SN generell einerseits im Horizont universaler Mechanismen (z.B. Gegenseitigkeit, Hierarchie, Homophilie) und andererseits im Rahmen ihrer ökologischen Kontexte (McFarland et al. 2014) und wirken auf diese zurück. In Anlehnungen an White (2012) entfalten sich SN in Schulklassen darüber hinaus sowohl fach- und kontextspezifisch als auch generisch: Während affektive Beziehungen (etwa Sympathie und Freundschaft) sich vorwiegend jenseits der Schulfächer einstellen, sind instrumentell-kognitive Peerbeziehungen sowohl durch das Unterrichtsfach als auch durch die verschiedenen, typischen (fach-)unterrichtlichen Situationen (im Sportunterricht z. B. Aufwärmen, Lernen in Gruppen, Spiel) geprägt (Heim et al. 2023).
Methodisch beschränkt der Ansatz von SN zunächst das analytische Potenzial wegen der relationalen Datenstruktur, eröffnet aber mittlerweile ein breites Spektrum, attributbasierte Daten mit relationalen zu verknüpfen und das Zusammenspiel der jeweiligen Konstrukte vor allem regressionsanalytisch zu prüfen (Carolan 2013). Die Grundidee, Beziehungen selbst zu konzeptualisieren und zu messen, kann zudem für Konstrukte genutzt werden, die bisher attributbasiert erhoben wurden. So können etwa Fähigkeiten oder Motivationen relational in ihrem Beziehungsgeflecht der Schulklasse im Hinblick auf Selbst- und Fremdeinschätzungen konzipiert und über Ratings gemessen und ihre Zusammenhänge mit SN analysiert werden.
Literatur:
Carolan, B.V. (2013). Social network analysis and education: Theory, methods & applications. Sage.
Heim, R., Schüßler, A. & Holler, C. (2023) Peerbeziehungen in der Sporthalle – Soziale Netzwerke im Sportunterricht. Zeitschrift für sportpädagogische Forschung, 11 (1), 3-28.
McFarland, D. A., Moody, J., Diehl, D., Smith, J. A., & Thomas, R. J. (2014). Network ecology and adolescent social structure. American Sociological Review, 79(6), 1088–1121.
White, H.C. (2012). Identity and control: How social formations emerge (2nd ed.). Princeton University Press.
Arbeitskreis | Soziale Netzwerke im Sportunterricht |
---|