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Die sportliche Leistungsfähigkeit im Schulsport spielt eine wichtige Rolle für die soziale Eingebundenheit in fachspezifischen Peerbeziehungen sowie für Anerkennungs- und Missachtungsprozesse in der Sporthalle (Grimminger, 2012). Hierbei kommt der Bewertung der Leistungsfähigkeit der Mitschüler:innen insbesondere im Vergleich zur eigenen Leistungsfähigkeit besondere Bedeutung zu. So gründen sich Fähigkeitsselbstkonzepte (FSK) nicht nur auf temporalen und dimensionalen, sondern insbesondere auf sozialen Vergleichen (Marsh, 1990), wobei eine systematische Verzerrung im Sinne des Big-Fish-Little-Pond-Effektes auch im Sportunterricht auftritt (Gerlach, 2006). Während das FSK sowohl ein normatives Ziel von Sportunterricht darstellt und vielfach Zusammenhänge mit sportunterrichtlichen Leistungen interessiert haben, wurden Peer-Leistungseinschätzungen bisher nicht thematisiert. Hierbei stellt sich die Frage, inwieweit die Schüler:innen ihre eigene sowie die Leistungsfähigkeit ihrer Mitschüler:innen akkurat einschätzen können, und welchen Einfluss die wahrgenommene Leistungsfähigkeit auf sportunterrichtsspezifische Peerbeziehungen hat.
Der vorliegende Beitrag untersucht, inwiefern sportunterrichtliches FSK sowie Peer- und Lehrkrafteinschätzungen der sportlichen Leistungsfähigkeit untereinander sowie mit der sozialen Eingebundenheit in fachspezifischen instrumentellen Netzwerken zusammenhängen und inwiefern diese Perspektiven die soziale Eingebundenheit in diesen Kontexten aufklären. Hierfür wurden 373 Schüler:innen und ihre jeweiligen Sportlehrkräfte mittels Fragebögen befragt. Die Peer-Einschätzungen wurden über Nominierungsfragen erhoben, indem sowohl besonders leistungsstarke als auch -schwache Mitschüler:innen angegeben werden sollten.
Für die Auswertungen werden sowohl Zusammenhänge zwischen attributbasierten Daten in den Blick genommen, wobei die Peernominierungen der Leistungsfähigkeit in einen Gesamtscore umgewandelt wurden, als auch netzwerkanalytische Zusammenhänge zwischen den Peernominierungen der Leistungsfähigkeit und Peerbeziehungen in Gruppenarbeiten und Spielsituationen mittels netzwerkspezifischer Regressionsanalysen.
Die Ergebnisse zeigen erwartbar hohe Übereinstimmungen zwischen FSK und Lehrkraftbewertung und sehr große Korrelationen zwischen Lehrkraftbewertung und Peer-Score. Auf Gesamtgruppenebene sind insbesondere die Schüler:innen gut in sportunterrichtliche Netzwerke eingebunden, die einen hohen Peer-Score aufweisen. Für individuelle Nominierungen dominieren hingegen die individuellen Einschätzungen der Schüler:innen. Es zeigt sich, dass Schüler:innen die Leistungsfähigkeit ihrer Peers insgesamt gut einschätzen können, jedoch individuelle Einschätzungen (möglicherweise auf Grund differierender Leistungsnormen) vom Konsens der Klasse abweichen.
Literatur
Gerlach, E. (2006). Selbstkonzepte und Bezugsgruppeneffekte. Zeitschrift für Sportpsychologie, 13(3), 104–114.
Grimminger, E. (2012). Anerkennungs- und Missachtungsprozesse im Sportunterricht: Die Bedeutung von Machtquellen für die Gestaltung sozialer Peer-Beziehungen. Sportwissenschaft, 42(2), 105-114.
Marsh, H.W. (1990). A multidimensional, hierarchical model of self-concept: Theoretical and empirical justification. Educational Psychology Review, 2 (2), 77-172.
Arbeitskreis | Soziale Netzwerke im Sportunterricht |
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