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P F K in Kooperation mit der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Hamburg
Der brasilianische Pädagoge Paulo Freire (1921-1997) ist eine Ikone der kritischen Pädagogik. Sein Wirken und Werk erfährt bis heute weltweite Anerkennung und Resonanz.
An der Universität Hamburg stellte Gottfried Hausmann, Prof. für Internationale Pädagogik, den Studierenden 1971 erstmals die Ideen Paulo Freires vor, dessen „Pädagogik der Unterdrückten“ gerade in deutscher Sprache erschienen war. Spontan entstand eine AG, die 1973 ihre Ergebnisse veröffentlichte (betrifft : erziehung, 7 „Die Methode Paulo Freire“). Weitere Arbeitskreise und Initiativen entstanden: AG SPAK, PFG (Paulo Freire Gesellschaft), PFK (Paulo Freire Kooperation), PFI (Paulo Freire Institut) und der Paulo-Freire-Verlag. Im November 2003 organisierte die PFK einen Kongress in Oldenburg „Das Menschenrecht auf Bildung für Alle – Menschenrechtsbildung und die Aktualität der Pädagogik Paulo Freires“. Im Oktober 2017 veranstaltete das PFI eine Tagung in Berlin “Lernen im Dialog mit Lateinamerika - 20 Jahre in Bewegung mit Paulo Freire“.
Auf dem geplanten Kongress geht es zunächst um eine Bestandsaufnahme des Wirkens von Freire in verschiedenen Ländern und Arbeitsbereichen. Die Vielfalt der Anwendungsfelder soll einem breiten Fachpublikum und der öffentlichen Debatte präsentiert werden. In Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung sind die Erfahrungen mit seiner Pädagogik neu zu bewerten. Auch die Debatte um die theoretischen Grundlagen einer Theorie der Dialogischen Pädagogik als Praxis der Freiheit soll weitergeführt werden. Freires Denken bündelt die humanistische Tradition und positioniert sie neu im Kampf um friedliche Formen eines inklusiven Zusammenlebens mit der Teilhabe aller an den Ressourcen - global, regional, lokal, eingebunden in die Auseinandersetzungen um ‚gender‘, ‚class‘ und Rassismus. Wie können wir die Ansätze von Freire hier und heute erfolgreich nutzen?
Auf der Tagung sind verschiedene Diskussionsforen geplant. Wir bitten um Beiträge. Wir freuen uns über Projekte, die sich im Rahmen des Kongresses vorstellen. Parallel zu den Foren werden Workshops zu praktischen Umsetzungen von Freires Ansätzen aus den Bereichen Theaterpädagogik und Kunsttherapie angeboten.
Adressatenkreis: PraktikerInnen, Studierende, Lehrende in allen pädagogischen und sozialen Bereichen und alle Interessierten. Die Teilnahme am Kongress kann als Fortbildung bescheinigt werden.
Tagungsbeitrag: 60.- Euro, ermäßigt 30.- Euro
Organisation:
Paulo Freire Kooperation e.V. (www.freire.de) Stefan Berzel, Prof. Dr. Dietlinde Gipser, Dr. Heiner Zillmer
Fakultät für Erziehungswissenschaft der Uni Hamburg Prof. Dr. Joachim Schroeder
Es stellen sich vor:
Brasilien
Antonio Fernando Gouvêa da Silva, Prof. Dr., Bundesuniversität von Sao Carlos Campus Sorocaba, Sao Paulo
Alexandre Magno Tavares da Silva, Prof. Dr., Universidade Federal da Paráiba
Ägypten
Iman Schalabi, Prof. Dr., Exzellenz Zentrum Deutsch und Arabisch als Fremdsprache, Ain-Shams-University, Kairo
Nabil Kassem, Prof. Dr., Deutsche Abteilung, Pädagogische Fakultät, Ain Shams University, Kairo
USA
Andr Débora B. Agra Junker Garrett, PhD, Evangelical Theological Seminary, Evanston
Ana Cruz, Prof. Dr., Social & Behavioral Sciences, St. Louis Community College Meramec; St. Louis
Finnland
Sari Vesikansa, Prof. Dr., politics of care and education, Helsinki University
Italien
Teresa Lapis, Prof. Dr.,Istituto Tecnico Commerciale, L. B. Alberti, Venezia
Schweiz
Andreas Schauder, Prof., Soz.-Päd., Hochschule für Soziale Arbeit, Muttenz
Oesterreich
Vera Brandner, Dr., Institut für Soziologie, Universität Innsbruck
Monika Liengitz, Institut für Soziologie Universität Innsbruck
Belgien
Manfred Peters, Prof. Dr., Université de Namur
Prof. Dr. Christel Adick (Bochum)
Paulo Freire entwickelte seine Theorie und Praxis in deutlicher Abgrenzung zum kolonialen Erbe Brasiliens. Seine befreiende Pädagogik kann als groß angelegter Versuch verstanden werden, dieses Erbe in Brasilien und später weltweit im Rahmen eines globalen Lernens zu überwinden. Mit zunächst Fanon, A. Cabral u. a. als Wegbegleitern. Der koloniale Blick auf die Kolonisierten als Handelsware (Sklaven, Arbeitskräfte) und Tiere (vgl. z. B. „Völkerschauen“ in „Hagenbecks Tierpark“ ab 1865 z. B. in unserer Konferenzstadt Hamburg) führte und führt bei diesen zu einer „Kultur des Schweigens“. Und zu einer Internalisierung dieses Blickes. Mit Freires „anthropologischem Konzept der Kultur“ im Vorfeld und während seiner „kulturellen Aktionen für die Freiheit“ können sich in Bewusstseinsbildungsprozessen viele Unterdrückte zum ersten Mal als Menschen begreifen, sich zur Bildung und Selbstermächtigung begabt erfahren.
Die nationalistischen Verkürzungen vieler Befreiungsbewegungen an der Macht werden erklärbar: Nach der Befreiung fand oftmals nur ein Elitentausch statt. Aus Befreiern wurden Unterdrücker. Die für den Befreiungskampf einforderten allgemeinen Völker – und Menschenrechte wurden nach dem „Sieg im Volkskrieg“ ad acta gelegt.
Freires „Pädagogik der Unterdrückten“ (vor 50 Jahren erschien die portugiesische Erstausgabe) zwang ihn selbst ins Exil, zunächst nach Chile (1964 – 69), dann in die USA (69/70) und die Schweiz (1970 – 79), wo er die Dritte Welt in der Ersten kennenlernte. Die Diskriminierungserfahrungen der „Unterdrückten“, der vom Mensch-Sein-Ausgeschlossenen sind für Freire und seine Mitstreiter immer wiederkehrende Themen einer Dialogischen Pädagogik in allen Bereichen des Bildungswesens. Er selbst war mit wechselnden Teams in Chile, USA, Schweiz, Grenada, Nicaragua und Guinea-Bissau tätig. Er war ein früher "Pädagoge der Einen Welt", der mit seiner Arbeit im Rahmen der UNESCO bald zum Sinnbild wurde für die Bemühungen um globale Gerechtigkeit, für die Durchsetzung von Menschenrechtsbildung und für die weltweite Erziehung zum Frieden.
Die Demokratisierung der Gesellschaft und die Humanisierung aller Menschen, auch die der „Unterdrücker“, waren und sind für Freire und die befreiende Pädagogik Richtschnur allen pädagogischen und politischen Handelns. Freires Spätwerk „Pädagogik der Autonomie“, deutsche Übersetzung 2008, versucht sich an nichts weniger als an dieser Ethik für das pädagogische und damit auch politische Handeln in unserer Zeit.
Für das Forum 1 werden Beiträge erbeten, die Freire für den eigenen Praxisbereich „neu erfanden“ und dort eine Wirkung entfalteten. Dabei mussten befreiungspädagogische Begriffe wie Unterdrückung, Grenzsituationen, generative Themen, thematische Untersuchung/Aktionsforschung, Schüler -Lehrer/ Lehrer-Schüler, Bewusstseinsbildung neu gefasst und ergänzt worden. Diese Ergänzungen und Neufassungen interessieren besonders.
Willkommen im Forum sind auch Beiträge, die das pädagogische Erbe Paulo Freire sichern helfen: Neue Berichte und Analysen über sein Wirken und seine oder Anderer Verweise auf ergänzende Theorie- und Praxiszusammenhänge.
Dr. Markus Auditor, Internationales Studienzentrum (ISZ) / Koordination Transkulturelle Bildung
Arbeits- und Themenschwerpunkte:
• Globales Lernen und Bildung für nachhaltige Entwicklung
• Dialogische Pädagogik im transkulturellen Kontext
• Migrationspädagogik und Deutsch als Fremdsprache
• Hochschulinternationalisierung und internationale Bildungszusammenarbeit
Langjährige Arbeits- und Studienerfahrungen in der bilateralen Zusammenarbeit mit und in Brasilien u.a. in Zusammenarbeit
• mit Basisgruppen und Nichtregierungsorganisationen,
• dem Goethe Institut und
• der Universidade Regional do Cariri in Crato/Nordostbrasilien.
www.uni-kassel.de/go/auditor
auditor@uni-kassel.de
„Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter wollen einzelne Menschen, Familien und Gruppen befähigen, ihr Leben und Zusammenleben zunehmend selbst zu bestimmen und in solidarischen Beziehungen zu bewältigen. Der sich verstärkende Prozess der Ökonomisierung aber wird von wenigen als Chance, von mehreren als die Abkehr von ursprünglichen ethischen und methodologischen Grundsätze angesehen. Distanz zur Klientel ersetzt Empathie, Typisierung tritt anstelle von situations -und personengerechten Arbeiten, die Verwaltung sozialer Räume ersetzt die Förderung lokaler Veränderungs- und Entwicklungskulturen.Und trotz alledem: Prekäre Lagen verstetigen sich.
Im Forum 2 wollen wir Ansätze und Erfahrungen mit einer partizipativen und verstehenden Praxis austauschen, die die Lebenswelt der betroffenen Menschen in den Blick nimmt und anbetracht staatlich verbriefter Rechte eine soziale Teilhabe und Selbstwirksamkeit ermöglicht. "Befreiende Sozialarbeit" meint verstehen wollen, nicht urteilen; bedeutet "empowerment" im Rahmen einer gemeinwesenorientierten lokalen Ökonomie mit angemessenen, auf den überschaubaren Sozialraum bezogenen Maßnahmen. Dabei muss gerade im Zeichen von Pegida und AfD auch die Interiorisierung von Ausgrenzung in vielen von Sozialleistungen abhängigen Familien und Personen bearbeitet werden. Um es mit Freire auszudrücken: die Schwierigkeit vieler "Unterdrückter", die Unterdrückung nicht zu verinnerlichen, sondern als außerhalb von ihnen selbst zu lokalisieren, die Unterdrücker, die Unterdrückung benennen zu können. Gleichzeitig soll es uns im Forum 2 um die "Erziehung der Erzieher", gehen, die "Erzieher" im Krankenhaus, in schulischen Einrichtungen, in der Altenpflege, in der Arbeit mit Migranten, in der Arbeits- und Sozialverwaltung , in Selbsthilfegruppen, Bürgerinitiativen und Nichtregierungsorganisationen: Damit ist die Thematisierung unseres verborgenen Kolonialismus angesprochen, mit dem wir unbewußt mittelschichtsgeprägte kulturelle Muster zur Norm erheben. Was aber bedeutet überhaupt "Unterdrückung", wer ist unterdrückt oder unterdrückt andere ?“
Heinz Peter Gerhardt, Dr. phil., Regierungsdirektor a.D. der Fachhochschule des Bundes, Brühl/ Rheinland. Dissertation über die „Theorie und Praxis Paulo Freires in Brasilien, 1978 bei H. J. Heydorn, E. Jouhy und E. Becker (J. W. Goethe Universität, Frankfurt). Im Auftrag der UNESCO/ Paris, Verfasser des Freire „Profils“ in der vierbändigen UNESCO Enzyklopädie „Thinkers on Education“ (Paris 1997). Teilweise mehrjährige Forschungs- und Lehraufenthalte in Brasilien, China , Pakistan, Peru und den USA. Leitung des Referats „Arabische Welt, Israel/Palästina und Iran“ (1987 – 90) beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), Bonn. Leiter des Referats „Schulische Bildung in Afrika“ (1979/80) bei der Deutschen Stiftung für Internationale Entwicklung, Bonn (heute: Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, Bonn/ Eschborn)
E-Mail: hpgerhardt@gmail.com
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Stand 05.10.2018
In diesem Forum soll es um die bildungspolitische, hauptsächlich schulische
Perspektive gehen. Die Herangehensweise und Haltungen, die der Pädagogik Freires
genuin sind, sollen mit den verschiedenen Praxen in verschiedenen Bildungsfeldern
reflektiert werden.
Bildung ist zunehmend formale Bildung, die auf eine Verwertbarkeit des Gelernten hin
zugeschnitten wird. Ein kritisches Potential, das Gesellschaft als Ganzes in den
kritischen Blick nimmt und emanzipatorisch zu verändern sucht, ist derzeit nicht im
Vordergrund. Die „Kultur des Schweigens“ wird stattdessen von Vielen als gegeben
hingenommen.
Lehrpläne fokussieren sich mehr und mehr auf das Hervorbringen von ökonomisch
verwertbarem Humankapital in Form von Kompetenzen und Bildungsstandards;
individuelle Interessen und geistige Emanzipation treten dabei in den Hintergrund. Das
Narrativ, oder der Mythos, „dem Tüchtigen gehöre die Welt“ ist aktueller denn je.
Schule als Lebensstätte, leistet einen Beitrag dazu, Menschen kritisch-konstruktiv für
demokratische Staats- und Gesellschaftsformen zu befähigen.
Ein besonderes Augenmerk soll dabei auf drei Begriffe gelegt werden.
- Wie wird Demokratie gelebt?
- Wie wird Partizipation ermöglicht?
- Wie wird ein dialogisches Miteinander praktiziert?
Den Betroffenen soll die „Furcht vor der Freiheit“ genommen werden. Freire möchte
bewirken, dass Menschen ihre Lebenswirklichkeit als „gemacht“ wahrnehmen und sie
dazu anleiten, Unterdrückung wahrzunehmen und sich in der Erprobung der
Selbstermächtigung, in noch nicht durchlebten Möglichkeiten zu üben, um u.a. den
Panzer des „Bankiers-Konzepts“ zu sprengen.
„Conscientizacao“ wird als Bewusstwerdung übersetzt, und ist nach Freire nötig, um
soziale, politische und wirtschaftliche Paradoxien zu begreifen und um Maßnahmen
gegen die unterdrückerischen Verhältnisse zu ergreifen.
Moderatoren:
Stefan Berzel, Dipl.-Päd./ Dipl.-Caritaswiss./ Grund- und Hauptschullehrer; Gestalttherapeut
DVG/EAGT; 1. Vorsitzender der pfk: www.Gestalt-Ansatz.de , info@Gestalt-Ansatz.de
Joachim Dabisch, Dr. phil., Diplom-Pädagoge, lehrte an der Universität Oldenburg mit den
Schwerpunkten Allgemeine Pädagogik und Schulpädagogik, Vergleichende
Erziehungswissenschaft, Internationale Bildungsforschung, Geschichte der Reformpädagogik;
Mitbegründer der Paulo Freire Kooperation (PFK), Verlagsgründer Paulo Freire
Verlag/Oldenburg, Herausgeber der Reihen Edition Neuer Diskurs, Aspekte der Freire-
Pädagogik, Freire Jahrbuch und Schola Nova, wissenschaftlicher Autor und Publizist. eMail:
dabisch@freire.de
Kongress zur Freire-Pädagogik
„Dialogisches Denken und Bildung als Praxis der Freiheit. Mit Freire den Herausforderungen einer inklusiven Gesellschaft begegnen“.
9. – 11. November 2018 in Hamburg
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Stand 05.10.2018
Emanzipation als gemeinsame Herausforderung für Lehrer/innen und
Schüler/innen
These last years I have developed a systems theoretically inspired multidisciplinary
model for a radically and democratically run basic school pedagogy. The school is a
complex system where the creation of a functioning social order is a huge challenge.
My idea of "emancipation" is based on the idea that children need just simply schools
which are pedagogically efficient. This applies especially to children of non-white, not
middle class families. Today, even in Finland, teaching is often too stressing and there
is a danger that teachers lose their ability to act in their position in a way that makes
the kids feel good and inspired to work. The result is different kinds of disorderly
behaviour, and vice versa, and a general pedagogic erosion (the term is from
Goodlad). The politics of governing the schools may shift to control and punishment
orientation to handle these problems if the schools do not create an effectively inclusive
pedagogic system.
Prof. Dr. Sari Vesikansa ;geb.1947. Independent researcher specialized in critical analysis of caring and schooling
institutions. I work along the methodological traditions of Marx, C.W.Mills, Pierre Bourdieu, Michel Foucault and classical feminist
writing of the 1960-90'. politics of care and education Helsinki University; Finnland
saiveik@gmail.com
Wissen teilen und Alternativen üben: Paulo Freires Beitrag zur Erweiterung des
Menschenrechts auf Bildung im Nordosten Brasiliens
Paulo Freires pädagogisches Denken (1921-1997) wird in Brasilien, in anderen
Ländern Lateinamerikas und insbesondere im Nordosten Brasiliens als eine der
großen Grundlagen im Kampf für das Menschenrecht auf Bildung gesehen. Paulo
Freires Theorie orientiert sich an der kompromisslosen und radikalen Verteidigung der
Menschenrechte. In diesem Sinne bringen wir das Forum 03 - Demokratie und
Partizipation im Dialog entwickeln - insbesondere in pädagogischen Institutionen
Moderation das Thema "Wissen teilen und Alternativen aufarbeiten: Paulo Freires
Beitrag zur Ausweitung des Menschenrechts auf Bildung im Nordosten Brasiliens" ein.
Wir möchten von dem Lebenserfahrung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
in Armut und erzieherische Maßnahmen (Befreiungspädagogik) in Bildungsprojekten
in Pernambuco/Brasilien und ihren Beiträgen zur Pädagogische Praxis von Lehramts
Studenten an den Universitäten im Nordosten Brasiliens ausgehen.
Alexandre Magno Tavares da Silva; Universidade Federal da Paráiba, Brasilien
Ich wurde im Jahr 1962 in der Stadt Recife im Bundesstaat Pernambuco in der nordöstlichen Region Brasiliens geboren. Ich
arbeitete von 1979 bis 1985 in der Jugend Pastorale (Pastoral da Juventude do Meio Popular), in der Erzdiözese von Olinda
und Recife, unter der Animation von Dom Helder Camara. Von 1986 bis 2007 war ich als Sozialpädagoge und Betreuer von
Pädagogen in der nationale Bewegung von Straßenkindern und in Nichtregierungssozio-Gemeinschaftsprojekte mit Kindern,
Jugendliche und Erwachsene in Straßensituation und soziale Vulnerabilität beteiligt. Aus diesen Erfahrungen baute ich meine
Karriere mit akademische Ausbildung in Sozialwissenschaften (Bundesuniversität von Pernambuco (1982-1986), Master in
Popular Education (Universität Paraíba-1992-1995) und Promotion in Erziehungswissenschaften (Johann Wolfgang Goethe
Universität, Frankfurt 1996-2000). Ich bin zurzeit Forschungsprofessor an der Universität von Paraíba (2008-heute) in der
Abteilung für Erziehungs-Methodik; Ich koordinierte von 2010 bis 2016 das Connections of Knowledge Project für Studenten der
populären Klassen und bin im Kern der Bürgerschaft und Menschenrechte (NCDH); Graduiertenkolleg für Menschenrechte,
Staatsbürgerschaft und öffentliche Politik - PPGDH / UFPB) in der Universität von Paraíba beteiligt. Ich leite die
Forschungsgruppe Kritische Sozialpädagogik und Menschenrechte und nehme teil in der Pädagogischen Forschungsgruppe
Paulo Freire. Derzeit führe ich auch meine Post-Doc Arbeit (2018-2019) an der Bundesuniversität von Pernambuco mit dem
Forschungsthema „Der Beitrag kritischer Sozialpädagogik in Paulo Freire im Kontext der Erweiterung der Menschenrechte auf
Bildung."
alexandremagno@ce.ufpb.br
Kongress zur Freire-Pädagogik
„Dialogisches Denken und Bildung als Praxis der Freiheit. Mit Freire den Herausforderungen einer inklusiven Gesellschaft begegnen“.
9. – 11. November 2018 in Hamburg
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Stand 05.10.2018
Fremdsprachenunterricht auf der Grundlage der Freirschen Pädagogik. Ein
Erfahrungsbericht aus dem frankophonen Teil Belgiens.
Fabienne Gaspar; Haute École Louvain en Hainaut, Mons, Belgien; gaspar.fabienne@
gmail.com
NN
Prof. Dr. Teresa Lapis; Istituto Tecnico Commerciale L.B. Alberti, Venezia, Italien
„Die problemformulierende Bildung bestätigt den Menschen als Wesen im Prozess des Werdens – als unvollendetes, unfertiges Wesen in und mit einer gleicherweise unfertigen Wirklichkeit“. Deshalb ist es „die Wirklichkeit, die mit anderen Menschen zusammen verwandelt werden muss, (die) Gegenstand des Handeln (wird), nicht aber der Mensch selbst“ (Freire 1973: 68; 77). Diesen Prozess wollen wir mit der in der Überschrift angedeuteten Methodik rekonstruieren und prospektiv wenden.
Michael May, Prof. Dr., lehrt und forscht an der Rhein-Main-Universität Wiesbaden mit dem Schwerpunkt Sozialraumentwicklung, Publizist und Autor, Mitglied der Redaktion „Widersprüche: Zeitschrift für sozialistische Politik im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich“ eMail: michael.may@hs-rm.de
Timm Kunstreich, Prof. Dr., lehrt und forscht an der Evangelischen Hochschule für Soziale Arbeit und Diakonie in Hamburg mit dem Arbeitsschwerpunkt Geschichte und Gegenwart der professionellen Sozialen Arbeit, Gründungsmitglied der Redaktion „Widersprüche: Zeitschrift für sozialistische Politik im Bildungs-, Gesundheits- und Sozialbereich“. https://www.timm-kunstreich.de/ eMail: timmkunstreich@aol.com
Dieser Workshop lädt ein zum Erleben von Playbacktheater. Es geht um das Erzählen von Momenten aus dem eigenen Leben, die von anderen im szenischen Spiel „zurückgespielt“ werden. Durch den Zauber der Spiegelung mit Körperbildern, poetischen Worten, Musik, fünf Kisten und 12 Tüchern können persönliche Geschichten miteinander geteilt werden. Gegenseitiges Zuhören, kreative Gestaltung und Perspektivenwechsel ermöglichen eine Gemeinschaftsbildung, in der Widersprüche und Unterschiede ihren anerkannten Platz haben. Die Erfahrung ästhetischer Wahrnehmung und Interaktion stärkt die Fähigkeiten zum Dialog als der Kunst des gemeinsamen Denkens, Fühlens. Ein Aushandeln von Konflikten oder auch gemeinsames Handeln kann erleichtert werden.
Praktiziert werden im Workshop:
das Erzählen von alltäglichen und darum bedeutsamen persönlichen Erlebnissen;
das einfühlsame Zuhören;
das Innehalten und ganzheitliche Erfassen der Essenz dieser Geschichten und ihrer Hintergründe;
das kreative und spontane szenische Gestalten des Erfassten im ritualisierten Ausdruck basaler Playbacktheaterformen;
das Wahrnehmen und Respektieren von allerlei Differenzlinien.
Jutta Heppekausen, Theaterpädagogin (Akademie Remscheid), Playbacktheatertrainerin (Center for Playbacktheatre, N.Y., Playback-Theater-Netzwerk e.V.), Psychodramaleiterin (DFP), Supervisorin (M.A.) in eigener Praxis, wiss. Mitarbeiterin (Pädagogische Hochschule Freiburg)
www.azfreiburg.de, jutta.heppekausen@azfreiburg.de
Der laute Ruf aus Wirtschaft, Politik, Verwaltung nach einem lifelong-learning ist penetrant allgegenwärtig. Die Forderung und Einlösung nicht nur jederzeit verwertbarer Ein-und Ausbildung, nicht nur sektorieller und spezifischer Weiterbildung, ist Alpha und Omega der individuellen Situierung in unserer Technologie- und Wissensgesellschaft geworden. Bildung wird einerseits zur überfordernden Bedrängnis des Mehr und Dichter, des Weiter und Schneller: wird ein Marktgeschehen zum Erwerb (und Erzeugen) von Zertifizierungen, wird ein Geschäft zur permanenten Bedienung von Selbstangebot und Selbstverkauf. Bildung steht andererseits in Kontrast dazu als anfragender Weg zur Emanzipation und kritischen Selbstbestimmung, als unablässige Bewegung a priori der Ontogenese, Subjektgenese, der Selbstrealisation. „Bildung ist der Boden, den jeder Einzelne zu erwerben und neu zu bestellen hat“ (Karl Jaspers). Es zeichnet sich deutlich das Freire´sche Spannungsverhältnis ab zwischen dem Bankierskonzept als Fütterung, Aufnahme und Verwertung informationeller Krediteinheiten versus dem Bewußtwerdungskonzept eines self-empowerment und selbsttätigen Lernens mit Sehnsucht nach geistigseelischer Homöostase: ökonomistisches Hamsterrad oder wohlbestellte Menschenpflege. Die Grenzen werden da wie dort deutlich (- und damit ist der Bildungsprozeß ein politischer): an den sozialen Strukturen und Provenienzen, den sozialen Interessen, dem sozialen Habitus, den Machtfragen, der sozialen Gesundheit und Ausgrenzung. Die Situierung schließlich im Erfahrungsfeld der Marginalität bleibt hochpolitisch. Wo geht der Schritt von Weiterbildung zur Politik? Was ist Politik ?
Lynn Bubenheimer; erlangte 2010 ihren Bachelor of Arts in Deutsch, Philosophie und Pädagogik an der Universität Hamburg. Von 2011 bis 2014 studierte sie Deutschsprachige Literaturen mit dem Schwerpunkt Interkulturelle Literatur- und Medienwissenschaft an der Universität Hamburg sowie im Rahmen eines Auslandssemesters auch an der Universit degli Studi di Napoli „LʼOrientale“, Italien. 2014 schloss sie ihr Studium mit dem Master of Arts ab. Nach ihrer Tätigkeit an der Hochschule Fresenius im Bereich des Wissenschaftsmanagement arbeitet sie seit 2018 als Referentin Operatives Controlling an der Universität Hamburg im Bereich Kapazitätsplanung.
Thomas Friedrich, Dr., Studium der Sonderpädagogik, Erziehungswissenschaft, Soziologie, Psychologie, Religionswissenschaft an der Univ. Würzburg; Doktorarbeit in interkulturell und international vergleichender Sonder- u Heilpädagogik; berufstätig in Bahnhofsmission, Jugendamt, Behindertenhilfe, Sozialpsychiatrie; seit 2012 selbständiger Berufsbetreuer in Ostunterfranken. eMail: friedo67@t-online.de
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Stand 05.10.2018
Paulo Freire erwähnt selber in „Erziehung, Bildung und die Kirche“, dass seine pädagogische
Praxis als Weg der Befreiung, der er sich seit seiner Jugend verschrieben habe, verbunden
sei mit seiner christlichen Überzeugung. Die Theologie der Befreiung sei kein geschlossenes
System, sondern so prozesshaft und dynamisch wie die soziale Wirklichkeit, mit der sie sich
auseinandersetze. Von hier aus ist ein Blick zu richten auf die Theologie der Befreiung des
Gustavo Gutiérrez, für den die erlösende Tat Christi eine radikale Befreiung von allem Elend,
aller Ausbeutung, aller Entfremdung war. Die Sym-pathie mit den Unterdrückten und die
Solidarität mit den Armen werden auch auf der menschenrechtlichen Ebene deutlich, so in
der Kinderrechtskonvention („Ökologische Kinderrechte“) und in der Behindertenrechtskonvention
(Achtung der Würde der Menschen mit Behinderung) der Vereinten Nationen.
Wenn noch hinreichend Zeit vorhanden ist, soll noch nachgedacht werden über die Deutung
der Menschenwürde in der päpstlichen Enzyklika „Laudato si“ (Nr. 43).
Literatur:
Paulo Freire, Unterdrückung und Befreiung, Münster u.a. 2007
Gustavo Gutiérrez, Theologie der Befreiung, 2. Aufl. München 1976
Stefanie Schmahl, Kinderrechtskonvention mit Zusatzprotokollen, Baden-Baden 2013
Nancy L. Eiesland, Der behinderte Gott. Anstöße zu einer Befreiungstheologie der
Behinderung, Würzburg 2018
Arnold Köpcke-Duttler, Ethos der Inklusion, Oldenburg 2017
Papst Franziskus, Laudato si, Freiburg 2015
Arnold Köpcke-Duttler, Prof. Dr.,
Rechtsanwalt und Diplom-Pädagoge in Ochsenfurt (Unterfranken)
Studium der Rechts- und Politikwissenschaft in Würzburg und Saarbrücken ( 1965 – 1971)
Studium der Pädagogik, Philosophie und Theologie in Würzburg (1973 – 1979)
Dissertation über den russischen Religionsphilosophen Berdiajew; Habilitation auf dem Feld
der inter- und transkulturellen Pädagogik (GHS / Univ. Kassel).
eMail: raprof.Koepcke-Duttler@t-online.de
De-colonizing Religious Praxis
Although fundamentalist discourses are present in different dimensions of culture,
economics, and politics, it is in religious discourse that fundamentalism becomes
more explicit and threatening. What are the reasons and justifications for this to
happen? Why does the number of supporters seem to increase by the day? What
justifies such attitudes and beliefs? In Paulo Freire's book "Literacy: Reading the
World, Reading the Word," we can find some insights to understand and overcome
religious fundamentalism. In this book, Freire describes the problems caused by
illiteracy and proposes a new literacy process. Inspired by his thinking, I maintain that
there is religious illiteracy in contemporary societies that needs to be overcome by
the process of conscientização proposed by Freire. The text will argue that religious
people should engage simultaneously in the reading of the sacred book and the
reading of their reality.
Débora B. Agra Junker PhD; Garrett-Evangelical Theological Seminary,Evanston, USA,
debora.junker@garrett.edu
Wie denke ich über meine Welt, mit welchen Sprachmodulen erfassen wir unsere Wirklichkeit und traue ich mir zu, mein Wort zu sagen, wie Freire den Prozess benennt, sich selbst produktiv einzubringen?
„Im Wort begegnen wir zwei Dimensionen: der ‚Reflexion‘ und der ‚Aktion‘ in so radikaler Interaktion, daß, wenn eines auch nur teilweise geopfert wird, das andere auch unmittelbar leidet. Es gibt kein wirkliches Wort, das nicht gleichzeitig Praxis wäre. Ein wirkliches Wort sagen heißt daher, die Welt verändern“ (Freire, Pädagogik der Unterdrückten, 1971, S. 93).
Freire begann als Didaktiker, als er in Brasilien im Rahmen einer großen Alphabetisierungskampagne mit neuen Methoden arbeitete. Seine strukturierten Lernprogramme basierten auf der Einbeziehung der gesellschaftlichen Lage der Lernenden
und der Lehrenden. Mit seiner Pädagogik der Unterdrückten hat Freire 1968 (vor 50 Jahren) eine tiefgreifende Untersuchung der gesellschaftlichen Verhältnisse vorgelegt, innerhalb derer – mithilfe der Alphabetisierung – ein Prozess politischer Bewusstwerdung möglich wurde.
Die kolonisierten Gedankenwelten von den ideologischen Setzungen zu befreien, ist ein stetiger Prozess. Es ging und es geht noch immer um die Eroberung eigenständiger Sichtweisen und der selbständigen Gestaltung der Lebenswelten, in der Auseinandersetzung mit den politischen und ökonomischen Kräften. Zur Zeit Freires in Brasilien, bis 1964, waren es die Großgrundbesitzer und ausländischen Investoren, die den politischen Kampf gewannen, die Alphabetisierung stoppten und Freire ins Exil zwangen.
Heutige Gegner von politisch agierender Bildung sind das weltweite Finanzkapital und die globalen Konzerne, vor allem die der digitalen Technik. Gespeist von den Ideen und Mythen des Neoliberalismus der Chicago-Boys (Milton Friedman et al.) geht es um die totale Unterwerfung aller menschlichen Bedürfnisse und Gedanken unter die Interessen des Profits. Als neues Glaubenssystem durchdringt es mittlerweile alle Lebenswelten und hat weltweit alle anderen existierenden Glaubenssysteme überflügelt – und ergötzt sich dabei am Kampf der alten Konfessionen untereinander.
Wirksames Elixier ist der Modus der Konkurrenz zwischen den Menschen. Das unbedingte Motto lautet: Mach dein eigenes Ding, setz dich durch, gegen und auf Kosten der anderen. Dieses Grundmuster wird bereits im Notensystem der Schule eingeübt, verbreitet sich auf allen Ebenen des Zusammenlebens und versucht Bildung auf eine Selbstoptimierung zu größerer Wettbewerbsfähigkeit zu reduzieren. Das Korrektiv liegt in der Aufdeckung, Bewusstmachung und Verweigerung dieses Glaubenssystems und in der Rückbesinnung auf das, was den Menschen von Anfang und der Wiege an auszeichnet: die Kooperation. Das ist das Zusammenwirken konkreter Menschen, die mit einander kommunizieren, auch streiten, aber in gegenseitiger Anerkennung.
In diesem Forum geht es um die Fortsetzung einer Politischen Alphabetisierung, wie sie in der ersten Rezeption von Freire in der BRD (AG Paulo Freire, 1973) formuliert worden war, dass nämlich:
o „die gesellschaftlichen Antagonismen nicht mehr als interpersonelle Konflikte gesehen werden, sondern als Gegensätze, die durch die Struktur des Systems bedingt sind“
o „soziale Prozesse als historisch bedingt und politisch gestaltbar erkannt werden“ (AG Freire, betrifft:erziehung, 1973, S 38; wird im Netz bereit gestellt)
Formulieren wir unsere ‚generativen Themen‘ im Spannungsfeld von Denken, Sprache und Handlungsfeldern (Wirklichkeit).
Die sog. Sozialen Medien als Vernetzung durch unkontrollierbare Instanzen kritisch hinterfragen.
Selbstregulierte Formen der Vernetzung und der Kooperation untersuchen und fördern (Betriebsräte, Gewerkschaften, Genossenschaften, Bürgerinitiativen etc.).
Überwachte und ideologisch besetzte Gebiete wieder in eigene Regie nehmen (in kleinen Schritten, Begriffe neu semantisieren, individuell und in der Gruppe).
„Das eigene Wort“ erarbeiten, im kritischen Denken und Entwerfen von Handlungsschritten mit anderen. Als lebendige Inszenierung sozialer Konflikte, als provokante performance im öffentlichen Raum, als bunter Protest oder militanter Streik.
Joachim Dabisch, Dr. phil., Diplom-Pädagoge, lehrte an der Universität Oldenburg mit den Schwerpunkten Allgemeine Pädagogik und Schulpädagogik, Vergleichende Erziehungswissenschaft, Internationale Bildungsforschung, Geschichte der Reformpädagogik; Mitbegründer der Paulo Freire Kooperation (PFK), Verlagsgründer Paulo
Freire Verlag/Oldenburg, Herausgeber der Reihen Edition Neuer Diskurs, Aspekte der Freire-Pädagogik, Freire Jahrbuch und Schola Nova, wissenschaftlicher Autor und Publizist. eMail: dabisch@freire.de
Daniel Neumann, Student M. Ed. Lehramt für Sonderpädagogik (Förderschwerpunkt geistige Entwicklung, Unterrichtsfach Geschichte) an der Universität Hamburg, B.A. Bildungswissenschaften (Sonderpädagogik und Geschichte) an der Universität Flensburg, studienbegleitende Tätigkeiten am ZkE Flensburg in der Einzefallhilfe und Schulsozialarbeit, als Schulbegleitung der Stadt Hamburg und der Lebenshilfe, sowie als Hilfe für Familien mit behinderten Kindern (HFbK) bei Leben mit Behinderung Hamburg. eMail: danielneumann@outlook.de
Heiner Zillmer, Dr., Dipl.-Psych., Arbeitspsychologie, Teamtrainer, Psychotherapeut, Arbeiten mit und zu Freire und Boal, Mitherausgeber im Verlag edition zebra, P.F.K. (e.V.) Orga-Team Freire-Konferenz Hamburg 2018.
eMail: hh.zillmer@t-online.de
"Im Mittelpunkt des Forums 8 steht der Vortrag von Herrn Antonio Fernando Gouvêa da Silva über die Anwendung der Theorie und Praxis Paulo Freires in brasilianischen Schulen von 1989 bis heute. Ausgehend von den Vorarbeiten Freires und seines Teams im Rahmen der Arbeit im Stadtrat der Millionenstadt Sao Paulo (1) ab 1989, wird unser Gast aus Brasilien anhand ausgewählter Städte und Schulen über die Praxis befreiender Bildungsarbeit auf der Ebene des Klassenraums, innerhalb und mit dem Lehrerkollegium, auf der Schulverwaltungsebene und mit den Eltern berichten. Wir hören von der Erhebung der "thematischen Universums"(2) mit Hilfe von Gesprächen mit und Untersuchungen von lokalen Interessensgruppen und Problemfeldern. Wir erfahren, wie sich für die verschiedenen Arbeitsbereiche und Fächer das Curriculum herausbildet - "thematische und didaktische Reduktion" (3), "Kodifizierung und Dekodifizierung" sind hier die Stichworte - und wie auf Klassenebene "Schüler - Lehrer" und "Lehrer - Schüler" den problemformulierenden Dialog praktizieren. Die „emanzipatorische Evaluierungsmethode“ sichert schließlich das Erreichte nicht mehr nur auf Schüler-, sondern auch auf Lehrer-, Eltern- und Schulverwaltungsniveau, unter Berücksichtigung der von Freire und seinen Mitstreitern beschriebenen Bewusstseinsbildungsprozesse und "Transitionsstufen". Dass die Inkraftsetzung und Verwirklichung dieses an der Schulgemeinde orientierten "Situationsansatzes" an allgemein- und bildungspolitische Vorbedingungen geknüpft ist, ist spätestens seit Paulo Freires „Der Lehrer als Politiker und Künstler“ (1981) bekannt und praktiziert. Diese politischen Vorbedingungen befreiungspädagogischer Arbeit werden jedoch im Forum weniger Raum einnehmen. Es geht um die Arbeitsebene von Lehrern, sei es im Klassenraum, sei es in Leitungsfunktionen der Schule.
Auf den etwa einstündigen Vortrag (mit Übersetzung, PP auf Englisch) von Antonio Fernando, dessen Flug- und Aufenthaltskosten freundlicherweise von der Rosa-Luxemburg-Stiftung (Rio de Janeiro) übernommen wurden, werden zwei kurze Gegenreden/ rebuttals folgen, nach denen dann die allgemeine Diskussion eröffnet wird.
Die Anmessung unserer eigenen Arbeit in Schule und Unterricht an die berichteten Erfahrungen aus Brasilien soll dann Thema sein.
1 Polar O'Cadiz, Maria del et. al.; 3 Rducation and Democracy. Boulder/ Col. USA: Westview Press 1998
2 Freiresche Begrifflichkeiten in Anführungsstrichen
3 Gerhardt, Heinz-Peter; Thematische und didaktische Reduktionen im Unterricht. Freire im Schulwesen. In: "Dialogische Erziehung", hg. im Auftrag der paulo freire kooperation vom pfverlag/ Oldenburg, Heft 1-2/2014, 11-13."
Heinz Peter Gerhardt, Dr. phil., Regierungsdirektor a.D. der Fachhochschule des Bundes, Brühl/ Rheinland. Dissertation über die „Theorie und Praxis Paulo Freires in Brasilien, 1978 bei H. J. Heydorn, E. Jouhy und E. Becker (J. W. Goethe Universität, Frankfurt). Im Auftrag der UNESCO/ Paris, Verfasser des Freire „Profils“ in der vierbändigen UNESCO Enzyklopädie „Thinkers on Education“ (Paris 1997). Teilweise mehrjährige Forschungs- und Lehraufenthalte in Brasilien, China , Pakistan, Peru und den USA. Leitung des Referats „Arabische Welt, Israel/Palästina und Iran“ (1987 – 90) beim Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), Bonn. Leiter des Referats „Schulische Bildung in Afrika“ (1979/80) bei der Deutschen Stiftung für Internationale Entwicklung, Bonn (heute: Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit, Bonn/ Eschborn)
E-Mail: hpgerhardt@gmail.com
Das Archetypische überdauert in der Kunst den ständigen Wandel der Lebensverhältnisse. Doch nur in den existenziellen Bemühungen konkreter Menschen zeigt sich die Vielfältigkeit archetypischer Kräfte.
In seiner langjährigen Praxis beobachtete Frank Henning, dass die nach Jung im kollektiven Unbewussten verorteten Archetypen vor allem im Zwischenhirn wirken: als Macht der Gefühle. Sie kommen in Mythen und Märchen zum Ausdruck – erst später gedanklich, als „Kommentar“ im Großhirn!
Wie kommt es, fragt der Therapeut, dass wir in bestimmten Situationen von gewissen Menschen in bestimmte Zustände „geschickt“ werden – und kaum etwas dagegen tun können? Dass wir verletzt, verzagt oder verliebt reagieren, uns selbst verloren gehen oder heftige Wut verspüren? Alle archetypischen Energien besitzen eine lichte, positive Seite, die sich als hilfreich erweist, und eine weniger angenehme Schattenseite, die unsere Beziehungen stark belastet. Archetypen verkörpern unterschiedliche Kräfte und haben viel mit der inneren Haltung eines Menschen zu tun, die durch Übungsprozesse zu beeinflussen ist. Wir können lernen, diese inneren emotionalen Zustände zu verstehen und sie zu steuern - was das Bewusstsein alleine nicht zustande bringt.
In den bildnerischen Formen der Ausstellung von Eva Koethen „Wie weit reicht das Gesicht?“ fanden sich überraschende archetypische Anklänge. Frank Henning war von der
Zweischneidigkeit der Figuren fasziniert, die er in seiner therapeutischen Praxis selbst erlebt hatte. Diese Erfahrungen verarbeitete er in einem Buch, in dem er die literarische Figur des „Oblomow“, dem Prototyp des faulen und trägen Nichtsnutzes, neu deutet. (Frank Henning: Oblomowerei, Paulo Freire Verlag Oldenburg 2013)
Mit Anschauungsbeispielen und Reflexionen werden Künstlerin und Therapeut auf unterschiedliche Phänomene in Alltag und Kulturgeschichte aufmerksam machen und damit die eigene Wahrnehmung der TN anregen. Der weitere Verlauf des Workshops dient der praktischen Erprobung. Denn Archetypen lassen sich einüben wie körperliche Fitness und genauso gut spielerisch gestaltend erobern! Zum Glück können wir also lernen, die zu schwach geratenen, unterdrückten Anteile in uns nachhaltig zu befreien.
Frank Henning, Dipl.-Phys., Diplom-Physiker, Spezialisierung in Biophysik und Zellphysiologie, Ausbildung zum Psychotherapeuten und Heilpraktiker, eigene psychotherapeutische Praxis in Berlin, NLP-Trainer, Hypnose und Transaktionsanalyse, Lehrtrainer, Lehrtätigkeit an Universitäten und anderen Institutionen; Autor von Aufsätzen und Büchern, http://www.institut-für-gesundheitsförderung.de/
Eva Koethen, Prof. Dr., Professorin für Bildende Kunst und Leiterin des Instituts für Gestaltungspraxis und Kunstwissenschaft der Leibniz-Universität Hannover,
Internationale Ausstellungs- und Publikationstätigkeit, http://www.eva-koethen.de/, https://www.igk.phil.uni-hannover.de/eva_koethen.html
Mit dem Theater der Unterdrückten von Augusto Boal, insbesondere dem Forum-Theater, haben wir in vielen Feldern (Schule, Jugendarbeit, Uni, Sozialarbeit etc.) mit der Inszenierung von realen Situationen die persönlichen und sozialen Bedingtheiten von Sichtweisen und Handlungsmustern offengelegt und zu Konfliktlösungen beigetragen. Es geht uns um die Verwirklichung einer gleichberechtigten Teilhabe an Gesellschaft und Kultur für alle Menschen. Wie können wir Stigmatisierung und Ausgrenzung begegnen? Wie können wir dialogische Kommunikation fördern? Dort setzen wir an, wenn wir mit der theatralen Inszenierung von realen Begebenheiten die Bewusstmachung und mögliche Veränderung ‚entfremdeter‘ Verhältnisse anstreben. In dem Workshop entwickeln wir kleine Szenen zur Erprobung von Protest- und Widerstandshandlungen, nutzen ganz praktisch szenische Methoden für die Bearbeitung und Lösung von Konflikten: Forumtheater als nachhaltig wirksame Methode zur Entwicklung demokratischer Strukturen.
Michaela Bunge-Rosenthal (Sonderpädagogin, Förderschullehrerin, freie Dozentin) arbeitet nach mehrjähriger Lehrtätigkeit an der Leibniz-Universität Hannover im Institut für Sonderpädagogik derzeit an verschiedenen Schulen im Primar und Sekundarbereich I sowie als Multiplikatorin für Inklusion im Auftrag des Nds. Kultusministerriums.
eMail: Michaela.bunge@hotmail.de
Prof. Dr. Dietlinde Gipser, (Soziologie, Kriminologie, Sozial- und Sonderpädagogik, Theaterpädagogik. Lehrte seit 1976 an der Leibniz Universität Hannover, https://www.ifs.phil.uni-hannover.de/dietlinde_gipser.html), arbeitet seit 1979 mit Methoden des Theater der Unterdrückten in vielen Bereichen. eMail: d.gipser@freire.de